Arno Nühm
3/5
Bei der Buchung eines Einzelzimmers zum Standardtarif hatte ich dem Hotel mitgeteilt: Ruhiges Zimmer, Allergikerbettwäsche, evtl. mobilitätseingeschränkt (Krücken), Ankunft vorauss. 21-22 Uhr.
Ich bekam ein Business-Zimmer mit einem Doppelbett mit einem synthetischen Kissen und einem Federkissen.
Gleich am Eingang zum Unperfekthaus begrüßte mich eine überhohe Stufe, die es zu bewältigen galt, um zum Empfangs-, Frühstücks- und Restaurantbereich des "eingeschränkt barrierefreien" Hotels (Selbstbezeichnung) zu gelangen.
Für die knarzenden Aufzüge aus den 60er Jahren verfügt das Hotel/Unperfekthaus über einen Leihrollstuhl.
Ich wurde um Vorkasse gebeten, konnte allerdings mit meiner EC-Karte zahlen.
Die Empfangskraft zeigte in eine für mich nicht einsehbare Ecke, in der sich Snacks und Getränke befänden, die mir rund um die Uhr zur Verfügung stünden. Dazu hätte ich einige weitere Treppenstufen hochgemusst.
Insgesamt schien es kurz vor Feierabend zu sein, ich fühlte mich etwas gehetzt - ja, das Unperfekthaus schließt um 23 Uhr - und bevor ich fragen konnte, bis wann ich das Zimmer am Abreisetag verlassen muss und wie das Restaurant öffnet, wurde auch schon mein Koffer mit der darin befindlichen zweiten Krücke entführt und ich hatte Mühe, hinterherzukommen.
Vor dem Aufzug blieb ich stehen, doch mein Koffer verschwand eine Treppe hinab und erst dann wurde ich gefragt: "Geht das für dich mit der Treppe?"
"Jetzt geht das noch, aber keine Ahnung, wie das am Sonntag aussieht."
Wir gingen durch eine Verbindungstür in den Hotelbereich.
Leider war dies eine Einbahnstraße; wenn ich zurück wollte ins Unperfekthaus, musste ich nach draußen, wieder durch die Eingangstür mit der fetten Stufe, an Tresen vorbei und durch den Frühstücksbereich bis zum zweiten Aufzug, um von dort zu den oberen Stockwerken zu fahren. An dessen schwer zu öffnender Tür prangte ein Schild: max. 2 Personen. Innen auf dem Display des Aufzugs mit dem Baujahr 1969 hieß es: Max. 100kg oder 2 Personen.
Man demonstrierte mir noch die Anwendung des Transponders, drückte ihn mir in die Hand und dann durfte ich mich zu meinem Koffer in den Aufzug gesellen und alleine meine Jungfernfahrt unternehmen.
Als ich meine Zimmertür öffnete, staunte ich nicht schlecht, denn ich erkannte die Suite von der Hotelwebseite wieder!
Mir schlug mir muffige, abgestandene Luft entgegen. Dann fielen mir die viel zu langen Vorhänge und Gardinen auf. Es war aufgeräumt und wirkte oberflächlich sauber. Auf dem gemachten Bett lagen auf jeder Seite zwei große Handtücher. Der riesige Fernseher über dem Konferenztisch erschlug mich förmlich und ich war erstaunt, auf dem Tisch einen leeren Umschlag für das Trinkgeld für den Raumservice zu finden, aber kein Telefon, mit dem man die Rezeption anrufen hätte können. Auch suchte ich vergeblich nach einer Mappe mit Informationen über das Hotel, in der ich die Öffnungszeiten des Restaurants hätte erfahren können. Dafür gab es einen Einbauschrank mit Espressomaschine, einigen Tassen und Spülbecken. Der Kühlschrank, den ich gern genutzt hätte, war leider nicht kalt.
Im Badezimmer fand ich neben der Luxustoilette mit integriertem Bidet, oder wie mein Vater zu sagen pflegte, einer Arschwaschanlage, sowohl Dusche als auch eine Badewanne!
Die Toilette war sehr unbequem, die gegenüberliegende Wand war zu nah, so dass ich mich nach Benutzung verdrehen musste, um mir nicht den Kopf zu stoßen.
Der Weg in die Dusche war mega anstrengend, weil ich mich irgendwie zwischen Kloschüssel und halb geöffneter über den Boden schrappender Duschtür durchquetschen musste, die am unteren Scharnier schon Rost angesetzt hatte.
Der Fußboden sah aus, als wäre jemand mit Straßenschuhen über nassen Boden gelaufen. Die Armaturen waren fleckig. Die Fliesen in der Dusche waren grau-weiß gescheckt, vermutlich Spuren von Kalk.
Und auch den ganzen Samstag über wurde das Zimmer nicht gereinigt, obwohl ich das Schild mit der grünen Seite rausgehängt hatte.
Gute Nachricht: Der Feueralarm funktioniert zuverlässig und die Feuerwehr ist schnell vor Ort.